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    Freiheit für die Füße

Barfuß laufen: gesünder ohne Schuhe

Barfußlaufen liegt im Trend und ist gesund. Deutschlands einziger Fußkartograph erzählt, warum er möglichst oft barfuß geht und warum ihm das alle (zumindest zeitweise) nachmachen sollten. Ein Interview über die Vorbeugung von Hallux, Haltungsschäden und Rückenschmerzen.

Carsten Stark ist Deutschlands einziger Fußkartograph. © Christian M. Weiss
Carsten Stark kann Füße lesen. Er fertigt digitale Scans von den Füßen seiner Klienten an und kann darin die Ursache ihrer gesundheitlichen Probleme erkennen. Diese sogenannte Fußkartographie ist eine Analysemethode, die der ausgebildete Heilpraktiker (Schweiz) selbst entwickelt hat und nun in seiner Praxis in München anbietet. Carsten Stark hat sich über viele Jahre mit dem Wunderwerk Fuß auseinandergesetzt und sogar zwei Bücher dazu verfasst: „Füße gut, alles gut“ sowie „Das Buch für den Hallux“. Weil er sich darin unter anderem mit dem Thema Barfußlaufen beschäftigt, haben wir den Experten nach seiner Einschätzung zu diesem Trend gefragt.

Der Experte erklärt: Wie gesund ist Barfußlaufen wirklich?

Das Barfußlaufen erhält gerade viel Aufmerksamkeit und liegt sogar im Trend. Ist das Ihrer Meinung nach eine gute Entwicklung?
Absolut. Ich finde es sehr wertvoll, dass man sich mit Themen wie natürlicher Bewegung oder generell natürlichem Leben befasst.
Welche Vorteile bringt das Barfußlaufen?
Wir haben im Alltag selten die Möglichkeit uns natürlich zu bewegen. Die meiste Zeit über sitzen oder liegen wir. Laufen wir barfuß, schenken wir unserem Gang neue Aufmerksamkeit. Ohne Schuhe sind die Füße nicht mehr eingesperrt, wir entwickeln wieder ein Bewusstsein für sie. Normalerweise nehmen wir unsere Füße erst wahr, wenn etwas wehtut oder sonst nicht stimmt. Beim Barfußlaufen aber merken wir: Da ist noch ein Körperteil, der gehört tatsächlich zu mir.
Wir haben das natürliche Gehen durch das Tragen von Schuhen verlernt.
Warum werden die Füße so vernachlässigt?
Das hat kulturelle und gesellschaftliche Gründe. Wir haben bestimmte Vorstellungen von Hygiene und Sauberkeit: Füße halten wir für schmutzig, sie müssen immer gewaschen werden und eingeschnürt, damit sie sauber bleiben. Sie sollen keine Kratzer bekommen und nicht in den Dreck auf der Straße treten.
Wie läuft man richtig?
Das kann man nicht pauschal beantworten. Einen Mann, der etwa 100 kg schwer ist, würde ich anders beraten als eine Frau, die 50 kg wiegt. Es ist aber tatsächlich so, dass wir das natürliche Gehen durch das Tragen von Schuhen verlernt haben. In meinem Buch „Füße gut, alles gut“ beschreibe ich, wie man sich dem gesunden Barfußlaufen annähern kann. Etwa dadurch, indem man „leise“ geht. Das bedeutet, dass man nur auf weichen Böden, zum Beispiel auf einer Wiese, mit der Ferse auftritt. Auf einem harten Untergrund dagegen sollte man mit dem Vorfuß auftreten. Denn die Ferse kann den Rückstoß beim Aufsetzen nicht abfedern. Der Vorfuß kann das schon – weil er sich besser anpassen und die Bewegung ausbalancieren kann.
Carsten Stark hat zwei Bücher zum Thema Fußgesundheit verfasst – mit vielen Tipps und Übungen für die Füße.
Wann tragen Sie überhaupt noch Schuhe?
Ich trage Schuhe nur, wenn ich in der Stadt unterwegs bin. Der Boden ist dort doch ziemlich schmutzig. Aber auch in Geschäften trage ich Schuhe, weil ich mich nicht ständig rechtfertigen möchte. Außerhalb von Ortschaften laufe ich aber immer barfuß oder mit Minimalschuhen, auch Barfußschuhe genannt. Ich war sogar schon barfuß auf der Zugspitze. Selbst im Winter versuche ich möglichst selten Schuhe zu tragen. Das geht aber nur bis zu einer Temperatur von minus fünf Grad Celsius. Darunter kann sich der Fuß nicht mehr allein über die Bewegung erwärmen.
Welche Fehlstellungen sind besonders häufig und welche gesundheitlichen Folgen haben sie?
Am häufigsten ist der Knickspreizfuß. Dabei knickt der Fuß nach innen ein, die Zehen sind gespreizt. Probleme mit der Achillessehne kommen auch relativ häufig vor. Ebenso ein schwacher Vorfuß. Der hat zur Folge, dass der Druck beim Laufen auf dem Grundgelenk liegt.
Kann man durch Barfußlaufen wirklich Medikamente, Einlagen und Operationen vermeiden?
Meiner Erfahrung nach sind 98 Prozent der Einlagen nicht sinnvoll. Auch Operationen sollten wirklich nur die allerletzte Möglichkeit sein. Aber ja, wer etwas für seine Füße tut und zielgerichtet an seinem Gang und seiner Haltung arbeitet sowie passende Schuhe trägt, kann solche passiven Hilfsmittel umgehen.
Wie lässt sich das Barfußlaufen in den Alltag integrieren?
Ich rate dazu, sachte und vernünftig an das Barfußlaufen heranzugehen. Man kann damit beginnen eine halbe Stunde am Tag auf weichen Böden zu laufen. Beginnen Sie wirklich nur auf einem weichen Boden. Denn der Fuß ist in der Regel daran gewöhnt sich im Schutz und der Polsterung von Schuhen zu bewegen und nicht mit den bloßen Muskeln. Letztere müssen erst trainiert werden. Ein weiterer Tipp: Laufen Sie zwischendurch in der Schräge, auf einem Hang zum Beispiel. So bewegen sich die Füße nicht ständig nur auf der Ebene. Haben Sie dabei keine Angst umzuknicken. Unsere Füße sind mit ihrer abgerundeten Form so konstruiert, dass Sie barfuß kaum umknicken können – der Fuß balanciert das aus.
© Carsten Stark
Was halten Sie von sogenannten Barfußschuhen?
Die finde ich ganz toll. Ich spreche aber ungern von Barfußschuhen, weil das für mich ein Widerspruch in sich ist. Ich nenne sie lieber Minimalschuhe. Das sind Schuhe mit einer sehr dünnen Sohle, die flach und breit sind, damit die Füße genug Platz darin haben. Problematisch finde ich es nur, wenn die Schuhe ohne vorherige Beratung verkauft werden – wie Zahnpasta. Denn die Füße sind in der Regel nicht daran gewöhnt sich ohne Unterstützung zu bewegen. Deshalb empfehle ich, vorher das Barfußlaufen zu lernen. So wird der Fuß stabiler, die Muskeln gewöhnen sich an die neue Bewegung. Minimalschuhe sollen den Fuß nämlich nur schützen, sie allein verändern nicht unseren Gang.
Wie kamen Sie auf die Idee, Kartographien von Füßen zu erstellen?
Ich hatte selbst Probleme mit der Wirbelsäule. Und das mit 30, obwohl ich ansonsten völlig fit war. Schließlich habe ich mich doch einer Operation unterzogen, wusste aber, dass das nur eine Symptombehandlung ist. Die Ursache meiner Schmerzen kannte weiterhin niemand. Mir fiel auf, dass sich kein Arzt mit meinen Füßen beschäftigt hatte, während alles andere untersucht wurde. Ich machte mich auf die Suche nach entsprechenden Spezialisten, fand aber niemanden. Und so begann ich mich selbst damit zu beschäftigen. Ich scannte meine Füße und stellte fest, dass man in diesen Aufnahmen viel mehr sehen kann als nur gewisse Fehlstellungen.
 
Zu mir kommen Menschen, die nach einer nachhaltigen Lösung suchen.
Wer kommt zu Ihnen in die Praxis?
Zu mir kommen Menschen, die schon sehr viel ausprobiert und erlebt haben, aber weiterhin nach einer nachhaltigen Lösung für ihr Problem suchen. Es gibt Fälle, in denen den Patienten nach nur fünf Minuten Beratung beim Arzt ein Operationstermin angeboten wurde.
Worauf sollten wir beim Schuhkauf achten?
Wenn Sie Ihren Füßen wirklich etwas Gutes tun wollen, müssen Sie Ihre Schuhe anders auswählen als wenn Sie einem modischen Interesse folgen. Anstatt den Schuh anzuprobieren, nehmen Sie die Einlagesohle heraus und stellen Ihren Fuß darauf. Die Einlage sollte etwa 12 - 13 mm Platz über Ihren längsten Zeh ragen. Und in der Breite haben im Idealfall alle fünf Zehen darauf Platz. In der Regel passen aber nur drei oder vier Zehen auf die Einlage. High Heels und Ballerinas fallen in diesem Punkt meist durch.

Wanderwege für Barfußläufer

Mittlerweile gibt es eigens Barfußwanderwege, die für Spaziergänge ohne Schuhe angelegt sind. Und auch in Bayern gibt es viele schöne Pfade, unter anderem diese drei:

Barfußpfad Penzberg

Entlang des 1,5 km langen Weges gibt es für Barfußläufer mehrere Erlebnisstationen. Dort können sie mit bloßen Füßen verschiedene Materialien ertasten oder auf Holz und Steinen balancieren. Besucher sind das ganze Jahr über willkommen, der Eintritt ist frei.

Panorama-Barfußweg Mittenwald

Der abwechslungsreiche Wanderweg am Hohen Kranzberg verspricht Spaß für die ganze Familie. Die Tour beginnt und endet am Berggasthaus St. Anton, das auf etwa 1.200 m Höhe liegt. Von dort lässt sich ein einzigartiger Rundblick auf das Karwendel- und Wettersteingebirge genießen.

Barfußlabyrinth bei Bergrheinfeld

Der Erlebnisirrgarten erstreckt sich über 8.000 qm in unmittelbarer Nähe des Mainradweges. Wer sich darin verliert, hat das Ziel erreicht: den Alltag vergessen und bewusst den Moment erleben. Neben einem Spielplatz und Stationen für Fußgymnastik gibt es einen Naschgarten, in dem man verschiedene Früchte und Beeren probieren kann.

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